Donnerstag, 29. August 2013

Wann ist der Mensch Bio?

Mal angenommen, der Mensch wäre nicht an erster Stelle der Nahrungskette. Mal angenommen, es würde eine Spezies geben, die uns so überlegen ist, dass wir, die Menschen, deren Futter wären. Mal angenommen, diese Spezies würde aus uns Rippchen, Steaks, Würstchen und Salami machen. Und mal angenommen, unter diesen hochintelligenten Wesen gibt es diejenigen die alles essen, die, die nur Bio essen, Vegetarier, Veganer und so weiter. Wie würden sie das Menschenfleisch kategorisieren? Wer hat gutes Fleisch, wer schlechtes?
 
Wäre ich Bio-Fleisch? Ich bin mir nicht sicher. Mein "Futter" ist nicht immer Güteklasse A. Die Frage ist aber, ob es nur auf das Futter ankommt, oder auch auf die Aufzucht. Der Bildungsgrad dürfte in diesem Falle ja eigentlich egal sein. Wer redet schon mit seinem Essen? Oder vielleicht doch? Wäre mein Hintern Premium-Schinken, weil ich einen Hochschulabschluss habe - quasi hochgezüchtet aus einem Geschlecht zweier verschiedener Rassen mit dem zartesten Fleisch. Uiuiuiui - ein saftiger Braten, mit der Würze des Südens, aufgewachsen im Norden. Gut abgehangen und mein Po ist eine Menge Geld wert. Aber schmeckt man wirklich die "Würze" des Südens? Schmecken wir denn unterschiedlich - ethnisch gesehen? Schmecken die Südamerikaner nach Banane, Chinesen süß-sauer, Deutsche etwas kartoffelig und manche Amerikaner...nun, etwas fettig?
 
 
Vielleicht leben wir auch schon auf einer riesigen runden Aufzuchtstation. Es gibt verschiedene Herden, verteilt über dem ganzen Planeten. Die westlichen Ranchbesitzer gehören zu den Besserverdienenden. Die afrikanischen Züchter müssen ständig um ihre Herden kämpfen, haben nicht genug Futter und können sich auch nicht mehr leisten. Vielleicht sind die Großstädte unsere Legebatterien, die kleineren Städte sind Freilaufflächen und Dörfer entsprechen der ursprünglichen ökologische Haltung. Mit Elektroschocks werden die Menschen getötet, sobald es Zeit ist, sie zu "ernten" - wir nennen es dann Herzinfarkt. Dass die Herden sich bekriegen, ist für die Züchter Alltag. Auch Hennen picken sich im Stall gegenseitig tot. Wir haben eben andere Methoden, als nur den Schnabel zu benutzen. Unsere Kinder sind die Lämmer - Delikatessen. Einige Frauen sind Muttertiere, ein paar Männer die Zuchtbullen. Vielleicht sehen sie uns auch zu, wie wir uns auf der Erde tummeln, lachen, wenn wir weinen, weinen, wenn wir vor der Schlachtung unters Auto kommen. Vielleicht finden sie uns interessant und auch so furchtbar lecker. Und wenn sie mich sehen, vielleicht denken sie: "Ja, in den Hinter würde ich gerne mal beißen!"

Donnerstag, 22. August 2013

Liebestrottel ich!

Im Grunde bin ich ein sehr aufmerksamer Mensch, ich spüre kleine Stimmungsschwankungen, wenn jemand Sorge hat, oder einfach gerade seine Ruhe will. Ich kann auch gut zwischen den Zeilen lesen. Aber es gibt eine Menge Dinge, die ich nicht verstehe. Insbesondere wenn es um die Liebe geht, oder auch nur um Sex. Da bin ich ein richtiger Trottel, ein Wink mit dem Zaunpfahl reicht da nicht. Nein, selbst wenn du mir den ganzen Zaun um die Ohren hauen würdest, ich würde es wohl immer noch nicht kapieren. Ich bin da irgendwie doof!

Das war schon in jungen Jahren so, als ich das erste Mal so richtig verknallt war. In meinen Klassenkameraden - der einen Vokuhila hatte. Nachdem meine Klasse und ich unseren Raum gestrichen hatten, saßen er und ich auf dem Boden und haben die Leisten mit Terpentin gereinigt. Er fragte mich: "Würdest du mit M. gehen?" "Neee", sagte ich: "Den würd ich lieber als Freund behalten." "Und würdest du mit K. gehen?" fragte er weiter. "Nee, den würd ich auch als Freund behalten", antwortete ich. "Und würdest du mit mir gehen?" sagte er schließlich. Okay, zugegeben, das war eine wirklich sehr direkte Frage, aber ich war dennoch ein Idiot. Ich kicherte blöde und sagte: "Hihi...sag ich dir nicht!" Tja...dabei blieb es auch. Ich sagte es ihm nicht. Dabei war ich soooooooo verknallt. Vielleicht lag es auch am Terpentin, der mir den Kopf vernebelt hat. 

Aber das Trottelsyndrom ist wohl angeboren. Denn das nächste Mal, als ich verknallt war ging es nicht besser. "Ich habe mich gerade von meiner Freundin getrennt", das war das Erste, was mein damaliger Schwarm und Arbeitskollege zu mir sagte, als er gerade den Supermarkt betrat, in dem wir jobbten. "Echt? Was hat sie gesagt? Die Arme", war meine Antwort. Bullshit, war mir doch egal, wie es ihr geht. Und woher sollte ich wissen, dass er sich wegen mir getrennt hatte. Hätte er das gesagt, wäre das Ganze mit ihm anders gelaufen.

Schön war auch, als ich einen Abend mit einem Typen tanzen war. Auch ihn fand ich natürlich gut. Wir wollten eine Pause machen und setzten uns auf eine Bank, in einer Ecke. Da saßen wir so nebeneinander, ich schaute durch die Gegend und er beugte sich zu mir runter. Ich lehnte mich zurück, aber nicht weil ich anfangen wollte mit ihm zu knutschen. Nein, ich habe ihm Platz gemacht, weil ich dachte, er wollte sich an mir vorbei lehnen, bin ihm also ausgewichen. Und dabei hab ich mich noch gefragt, was er denn so interessant fand hinter mir. Er hing mit seinem Kopf in der Luft, ungefähr auf der Höhe, wo gerade noch mein Kopf war. Peinlich!! Und selbst da habe ich es nicht kapiert, ich hab mich nur über ihn gewundert, warum er gerade so komisch war. Tja...dabei war ich es wohl.

Oder als ich eine Zeitlang hinter einem echt heißen Typen her war. Einen Abend waren wir mit Freunden unterwegs und landeten in einer echt schäbigen Bar. Wir standen aneinander gekuschelt an der Wand. "Oh man, echt übel hier", sagte ich zu ihm. "Ja, find ich auch. Lass uns nach Hause gehen", sagte er. Äääh...nach Hause? Ich wollte noch nicht nach Hause, war ja noch vor zwölf. "Ne, ich will noch nicht nach Hause", war also meine Antwort. Er redete noch ungefähr eine viertel Stunde vom nach Hause gehen und ich sagte immer nein. Irgendwann stand er an der Tür und wartete auf mich. Ich blieb - dann ist er gegangen. Ich Idiot!!! Woher soll ich aber bitte wissen, dass er meinte, dass WIR, also er und ich, zu ihm nach Hause gehen sollten. Man, da wäre ich doch mitgegangen.

Man, wie viele Küsse ich schon verpasst habe. Wie viele Gelegenheiten auf Sex verschenkt und Momente der Liebe zerstört, weil ich manchmal einfach eine extrem lange Leitung habe. Aber hey, das mit der Liebe und dem Sex ist doch manchmal echt schwer zu verstehen, wenn jemand keinen Klartext redet.

Mittwoch, 21. August 2013

Immer der Nase nach

Ich stehe in einer vollen Bahn. Eine Geruchswelle dringt in meine Nase. Schweiß, Deo, Essen, Füße - einer fällt mir besonders auf. Er ist ölig, schwer und erinnert mich an Clownsschminke. Ich muss an meine ehemalige Tutorin denken. So hat ihr Make-Up auch immer gerochen - nach Clown. Ich habe mich immer gefragt, ob sie das nicht stört, dass sie so riecht. Aber wahrscheinlich assoziiert sie nicht dasselbe mit diesem Geruch wie ich.

Ist schon interessant, was Gerüche mit einem anstellen. Manche sind wahre Erinnerungsspeicher, die meist unerwartet kommen, dafür dann aber sehr intensiv. Rieche ich etwa blumiges Sprühdeo, gemischt mit dem leicht feuchten Geruch von frischem Schweiß, dann steh ich wieder in einer schwitzenden Menge vorpubertären Teenies auf einem Backstreet Boys Konzert. Bei Sonnencreme, gemischt mit Meersalz, bin ich in Barcelona, auf dem Rückweg vom Strand zu meinem Hostel. Glasreiniger und Kerosin - da kommt mir das Würgen. Das heißt für mich Flugzeug und da muss ich meist vomieren. Versteht mich nicht falsch, ich liebe Reisen, auch sehr weit. Wenn nur nicht dieses gefliege wäre.

Gerüche können aber auch Gefühle auslösen. Rieche ich frisch gemähten Rasen, meine Wäsche auf dem Wäscheständer, die neuen Laken auf meinem Bett - dann macht mich das ein wenig glücklich. Komme ich von einer Reise zurück nach Hamburg und rieche die Elbe, bin ich zu Hause. Einige Gerüche nehmen wir ständig wahr, aber sie fallen uns erst auf, wenn man sie länger nicht gerochen hat. Seine eigene Wohnung, das Elternhaus, die Kinder meiner Schwester. Menschen im Allgemeinen riechen besonders - manche mehr, manche weniger, manche nur, wenn sie sich dick mit Parfüm einsprühen. Und dann manchmal rieche ich ihn, wenn er neben mir steht, wenn der Wind sich dreht oder er sich bewegt und meine Nase einen Fetzen seines Körperduftes erhascht. Eine Kette von Bildern blitzt in meinem Kopf auf, meine Fantasie dreht durch. Mir sind bisher nur drei Männer begegnet, deren Geruch so stark auf mich gewirkt hat. Ich kann dem kaum entkommen. Diesem Geruch nicht zu folgen, ist fast unmöglich. Und so vernebeln uns manche Düfte den Verstand.  

Samstag, 17. August 2013

Verdrehte Welt

Es ist mal wieder soweit. Mehrere tausend Sportbegeisterte laufen um die Wette - genau unter meinem Fenster durch. Und wenn man so von oben aus dem Fenster seiner Küche im 4. Stock, auf die auf und ab und sich stetig vorwärts bewegende Masse guckt, kommt es zu einem kleinen Phänomen. Nein, ich meine nicht, dass dir einige Leute zu winken, oder dich auffordern, dein T-Shirt zu heben und deinen Busen zu zeigen - ich meine etwas anderes.
Wenn die Masse auf dich zukommt und genau unter deinem Fenster verschwindet, dann fängt die Welt auf einmal an, sich zu bewegen. Du folgst den Läufern mit den Augen, wenn du unten angekommen bist, fängst du oben wieder an. Und dann ganz plötzlich, scheint alles um sie herum zu gleiten und zwar in die entgegen gesetzte Richtung. Parkende Autos, stehende Absperrhütchen, die festbetonierten Gehwegplatten, der starre Asphalt der Straße - alles fließt und zwar den Läufern entgegen. Man wird dabei schwindelig und fragt sich, ob diese optische Täuschung jemals aufhört, oder wohin der Asphalt denn fließen will. Ist das vielleicht gar keine optische Täuschung?
Früher, als ich noch jünger war, hab ich mir ab und zu vorgestellt, dass nicht ich mich fortbewege. Dass nicht ich, mich Schritt für Schritt von Etwas wegbewege oder darauf zugehen. Ich habe mir vorgestellt, dass ich der Welt mit jedem Schritt einen kleinen Anschwung gebe, dass ich eigentlich immer auf demselben Fleck stehe und mir die Erde so drehe, bis ich am Ende dort bin, wo ich gerade sein will. Und wenn ich dann gelaufen bin, dann ist dies natürlich schneller passiert.
Aber das geht ja gar nicht, denn wenn ich das könnte, könnte das wohl jeder. Dann würde aber keiner an sein Ziel kommen, weil alle in eine andere Richtung wollen, jeder hätte ein anderes Ziel, ein anderes Tempo - die Welt würde durchdrehen und nicht mehr wissen, wohin sie denn nun soll. Wenn ich die Welt wäre, würde ich mich aus Protest aufhören zu drehen. "Könnt ihr euch mal entscheiden wohin ihr wollt, ihr Menschen! Wohin soll die Reise denn nun gehen?" würde ich dann rufen, nachdem sie alle wieder aufgestanden sind. Denn weil ich so plötzlich angehalten habe, sind alle hingefallen - schlimmer als ein Bus, der zu hart bremst. Und weil die wenigstens Menschen wirklich wissen, wohin sie eigentlich wollen, oder was sie hier überhaupt machen, bekomme ich natürlich keine Antwort. Und weil ich dann Mitleid habe, mit den armen verwirrten Schafen, würde ich mich weiterdrehen. Vielleicht fällt ihnen ja später eine Antwort ein.

Dienstag, 13. August 2013

Meine Aufgabe

Manche Menschen sind so engagiert. Sie organisieren Demonstrationen, Petitionen, schreiben Newsletter, arbeiten ehrenamtlich im Bürgerhaus, stutzen gemeinschaftlich die Blumen im Seniorenheim, Ketten sich an Castor-Transporter, befreien Versuchstiere - find ich gut.
 
Ich selber sitze lieber mit Freunden beim Schmausen, Plaudern und Spielen, unterhalte mich mit Taxifahrern oder singe mit Fremden "Drei Chinesen mit dem Kontrabass". Manchmal wünschte ich, ich würde auch etwas haben, für das ich so brennen würde. Ich wünschte, ich würde mich vor einen Bagger schmeißen, der gerade versucht den Lebensraum der letzten Gorillas auf Erden zu zerstören, oder einen japanischen Walfangkutter an seiner Arbeit behindern, oder auch dass ich einfach mal ins Seniorenheim gehe und einer alten Frau was vorlese.
 
Tu ich aber nicht. Ist das jetzt egoistisch? Soll ich weniger an mein Vergnügen denken und lieber für eine gute Sache kämpfen, dafür, den Planeten saubere zu halten, die Tiere mehr zu schützen und alle Menschen zu missionieren, meinem Beispiel zu folgen? Hmmm...nö.
 
Ich wäre in diesem Job furchtbar schlecht. Zwar würde ich mich an einen Baum ketten, aber nach zehn Minuten würde ich mir albern vorkommen. Ich rede lieber, berichte von solchen Dinge und zeige wie etwas war. Darin bin ich gut. Im Erzählen. Das ist meine Aufgabe, dabei zu sein und mit Menschen zu reden. Ich kann ihre Stimme vielleicht noch ein bisschen lauter machen.
 
Nicht jeder Mensch kann die gleiche Aufgabe im Leben haben. So unterschiedlich wir sind, so anders unsere Fähigkeiten, so verschieden sind unsere Taten. Wir brauchen Häuser, in denen wir wohnen können, wir brauchen Getreide, um Brot zu backen, wir brauchen Menschen, die uns von A nach B bringen, wir brauchen Künstler, die uns Freude bringen, wir brauchen jemanden, der uns gesund macht,  wenn wir krank sind und wir brauchen die Kämpfer, die Aktivisten, die uns sagen, wann wir zu weit gehen.
 
Jeder hat seine Aufgabe und keine ist unbedeutend. Manchmal dauert es, bis man seine Aufgabe findet, einige brauchen ein ganzes Leben. Doch wenn wir sie gefunden haben, sollten wir versuchen, sie gut zu machen. Dann schaffen wir es, dass Leben lebenswert zu machen.

Sonntag, 4. August 2013

Wenn ich eine Millionen Euro hätte...

...wenn ich plötzlich so viel Geld auf meinem Konto hätte - eine Millionen Euro. Was würde ich damit machen? Ein großes Haus kaufen? Eine dicke Karre? Einen Privatjet? Neee... Will ich gar nicht.
 
Ich will kein Haus am See, dann müsste ich da ja immer wohnen. Ich will auch keine Ferienwohnung auf den Kanaren, dann müsste ich da ja immer meine Urlaube verbringen. Ich will auch keine Yacht, dann müsste ich ja immer an oder auf das Meer. Ich will auch keine dicke Karre, mit der ich durch die Stadt prollen kann. Was habe ich denn davon? Ich will keinen Pool, keine goldenen Wasserhähne, kein Marmor oder Mahagoni...
 
Von den Zinsen leben, das reicht mir. Mieten - vollkommen in Ordnung. Ich bin flexibel, kann gehen wohin ich will. Schreiben kann ich von überall und je mehr ich erlebe, umso mehr Stoff habe ich. Ich würde meine Familie nehmen, mit ihr unsere Verwandten besuchen. Ich würde mir einen alten Bully holen, meine Freunde einpacken und soweit fahren wie wir kommen. Ich würde Länder besuchen, die ich noch nie gesehen habe, Menschen treffen, die ich nicht kenne, die nicht meine Sprache sprechen.
 
Wieso soll ich mir ein Haus mit Garten kaufen, den ich auch noch pflegen muss. Warum soll ich mich auf einem 1000 qm großen Grundstück einsperren, wenn mir die ganze Welt offen steht?? Finanzielle Unabhängigkeit - das bedeutet so viel Geld für mich. Sehen und erleben, gemeinsam und auch mal alleine. Und wenn ich wieder Ruhe brauche, komme ich zurück in meine 53 qm Wohnung, die ich liebe, mit Blick auf Hamburg, in der man die großen Schiffe hupen hört. Meine Fixkosten von, sagen wir mal, 700 Euro im Monat sind durch die Zinsen gedeckt. Was für ein Luxus!
 
Ein bisschen Geld für meine Eltern, ein bisschen Geld zum Anlegen, ein bisschen was für die Armen - Das würde ich machen, wenn mir jemand eine Millionen Euro schenken würde. Und ihr so?