Mittwoch, 19. Juni 2013

Wer ist hier der Held?

Ein muskulöser, nackter, tätowierter Männeroberkörper erscheint auf der Leinwand. Der Kopf ist nicht im Bild, aber wenn interessiert jetzt schon der Kopf. Wichtig sind die starken Unterarme, die locker ein Butterfly-Messer auf und zu schnappen lassen. Die Schultern, die sich im Rhythmus dazu bewegen, die Schulterblätter, zwischen die ich Küsse verteilen möchte, der Waschbrettbauch, über den ich mit meiner Zunge fahren möchte, die Brust an der ich knabbern möchte. Ich muss mir die Sabber vom Kinn wischen. Die ersten Sekunden des neuen Films "The Place Beyond the Pines" haben mich schon mal überzeugt. Zumindest davon, das Ryan Gosling tatsächlich die geile Sau ist, für die ihn die anderen alle halten.
 
Ein Blick zur Seite verrät mir, dass es meinen beiden Freundinnen genau so ergeht. Nachdem ich mich beruhigt habe, konzentriere ich mich auf die Story. Er trifft seine alte Liebe, die jetzt ein Kind von ihm hat. Eva Mendes, die keinen BH unter ihrem Tank-Top trägt, durch das man ihre extrem harten Nippel, mit ihrem extrem großen Warzenhof sehen kann. Kurz frage ich mich, ob sie sich künstliche Nippel aufgeklebt hat, um uns Zuschauer zu beeindrucken - inklusive mir, würde sie so vor mir stehen und mich fragen, ob sie so bei mir schlafen darf...ich würde sagen: "Okay." Kein Wunder also, dass Ryan lieber seinen Job als Stunt-Fahrer aufgibt, um nun Banken zu überfallen, damit er seine Familie versorgen kann - die geile Sau.
 
Was mich - abgesehen von den ansehnlichen Schauspielern - wirklich angeregt hat, ist der Moment, indem der bankraubende Gosling auf den jungen Polizisten, gespielt von Bradley Cooper, trifft. Er schießt auf den bösen Buben, böser Bube schießt zurück, guter Cop avanciert zum Helden und die Familie des Getroffenen zieht die Arschkarte. Der gute Cop wird gefeiert, bekommt sogar eine Medaille, obwohl er eigentlich gar nicht hätte schießen müssen. Ist das richtig so? Man bekommt eine Medaille, weil man auf einen Menschen schießt? Gut, dies ist ein Film. So etwas passiert aber tagtäglich.

Soldaten kommen verwundet aus dem Krieg zurück - dafür gibt es eine Medaille. Soldaten kommen im Sarg zurück - dafür bekommen die Angehörigen eine Medaille. Du hast Bin Laden getötet, dafür gibt es doch bestimmt ein paar mehr Medaillen. Scheiß auf einen Prozess, der die Welt interessiert, du hast ihn erwischt. Obwohl Obama wohl bestimmt doch mehr gehört hat, als wir ahnen.

Wer aber ist der Böse? Der Bankräuber, der dringend Geld braucht, um etwa die OP seines todkranken Kindes zu bezahlen? Oder der kleine afghanische Junge, der leider nicht schneller laufen konnte, als der Querschläger des Maschinengewehrs eines Soldaten? Beide hatten eine Waffe in der Hand - die Bösen. Beide haben andere Menschen damit bedroht, vielleicht sogar geschossen, verwundet, getötet. Doch waren nicht auch beide verzweifelt und haben für sich und andere gekämpft. Versucht zu beschützen, was sie lieben? Sie beide sind Feind, Feind von denen, die Gerechtigkeit bringen wollen oder sollen - wer ist gut und wer ist böse? Wer trifft die Entscheidung? Und egal wie das Ergebnis lautet - sollte es wirklich eine Medaille geben, wenn man einem anderen das Leben nimmt? Ich denke nicht.
 

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