Freitag, 14. Februar 2014

Die Taucherbrille im Bus

Ich stehe im Bus. Er ist voll besetzt und wir teilen uns zu dritt eine Stange, damit wir nicht wie Murmeln durch den Wagen kullern. Genau vor meiner Nase ist ein Arm. Er gehört einem Mann, der neben mir steht und sich an der Glastrennscheibe des Eingangsbereichs festhält. Mit seiner anderen Hand hält er sein Fahrrad. Er trägt eine Taucherbrille, eine große Zyklopentaucherbrille. Ich schau aus dem Fenster, es ist trocken, kein Schnee, kein Regen, ja sogar keine Wolken. Wenn es geregnet hätte, hätte ich die Taucherbrille vielleicht noch verstanden - aber so?!

Ich schau ihn an, er schaut mich an. Kurz überlege ich, ob ich ihn frage, warum er eine Taucherbrille trägt, im Bus, bei Sonnenschein, kilometerweit entfernt von einem See, Fluss, Meer oder Schwimmbad. Dann schaue ich weg. Will ich die Antwort überhaupt wissen? Will ich überhaupt mit ihm reden? Was ist wenn er voll der Freak ist? Vielleicht antwortet er ja, dass dies Brille ihn abschirmt vor Außerirdischen, denn das Glas besteht aus einer speziellen Schicht, die seine Augen vor Gammastrahlen schützt. Die ETs greifen nämlich zuerst die Augen an, brennen uns Chips auf die Netzhaut, die unsere Augen täuschen. Wir sehen nicht mehr, wie unsere Welt wirklich aussieht, nur die Bilder, die uns über den Chip gesendet werden. Vielleicht antwortet er ja auch, dass sie ihn vor den Bakterien schützt, die fiesen, die durch die Schleimhäute direkt in den Kreislauf geraten - innerhalb weniger Sekunden und uns dann krank machen. Vielleicht sagt er auch in einer gruseligen Stimme: "Damit ich dich besser sehen kann!". Vielleicht starrt er mich dann die ganze Busfahrt an, steigt mit mir aus und fährt mir ganz langsam und quietschend auf seinem Rad hinterher. Wenn ich anfange zu laufen, wird auch das Quietschen schneller, bis ich zuhause bin. Und wenn ich dann im Bett liege, höre ich ihn vor meinem Fenster hin und her fahren: "Quietsch, Quietsch, Quietsch!"

Als kleines Mädchen hätte ich mich diese Dinge nicht gefragt. Als kleines Mädchen hätte ich nicht im letzten Moment Angst bekommen, der Typ könnte ein verrückter Freak sein, weil er eine Taucherbrille an Land trägt. Ich hätte ihn gefragt, ich wäre noch so naiv gewesen - aber ist dies wirklich Naivität? Als kleines Kind war man eben noch viel wertfreier, ohne Vorurteil. Ich hatte eine schwarze Puppe und habe mir darüber keine Gedanken gemacht, ich hatte Freunde, die unaussprechliche Namen hatten und nicht gefragt, wo sie herkommen. Kauzige Menschen fand ich interessant und einen Menschen mit einer Taucherbrille hätte ich ganz einfach gefragt, warum er eine solche trägt. Vielleicht hätte er ja auch geantwortet, dass er sich heute Morgen auf seine Brille gesetzt hat und ohne ist er fast blind. Kontaktlinsen hat er nicht und das einzige was ihm als Sehhilfe dient ist eben diese Taucherbrille, denn die hat geschliffene Gläser.

Freitag, 24. Januar 2014

Niesgesetze und ein Knutschpass

Ich habe geniest, um 15:33 Uhr. Laut Niesgesetz heißt das, eine Entschuldigung folgt. Wie, ihr kennt das Niesgesetz nicht? Naja, es war auch "only for Girls" und der Renner bei uns in der 8. Klasse. Immer wenn jemand geniest hat, wurde das Niesgesetz herausgezogen. Ein gefaltetes DIN A4 Blatt auf dem für jede halbe Stunde des Tages mit einer anderen Vorhersage die Sehnsüchte und Ängste der kleinen Mädchen befeuert wurde: "Er verheimlicht dir etwas", "Es wird geschehen", "Er hat Sehnsucht nach dir" oder auch "Dein Freund hat eine andere". Wenn das eigene Herz noch ein kleiner flatternder Kolibri ist, dann mag man an so etwas glauben. Insgeheim weiß man, das ist doch Blödsinn, aber irgendwo sitzt dann doch das kleine Kind in uns, das ein wenig daran glaubt. 

Deshalb glaub ich auch noch daran, dass jemand an mich denkt, wenn die Uhrzeiger übereinander stehen, oder es etwa 22:22 Uhr ist. Auch bei Schluckauf versuche ich manchmal den Namen einiger Personen zu sagen, die gerade an mich denken könnte - denn der Schluckauf ist vorbei, wenn man den Namen der Person sagt, die gerade an einen denkt. Als ich 14 Jahre war, habe ich am liebsten zwischen 9:31-10:00 geniest: "Ein blondhaariger denkt an dich." Den Namen dieses blondhaarigen habe ich dann auch in meinen Knutschpass eingetragen. Der war natürlich auch nur für Mädchen und musste immer bei mir getragen werden. Und wenn ich alle Punkte des Knutschpasses eingehalten hätte, hätte mir dieser Junge nach zehn Tagen gesagt, dass er mich liebt. Hmm... hat er nicht, muss wohl irgendwas falsch gemacht haben.

Menschen brauchen eben Hoffnung, den Glauben an etwas, dass man nicht beeinflussen kann. Wenn wir mit unseren Gedanken und Sorgen in den Seilen hängen, suchen wir nach einem Anker. Einige finden ihn in ihrer Religion, sie beten, wenn sie Hilfe brauchen, suchen Antworten in der Bibel. Andere haben ihre Ideologie, sei es eine politische oder auch die des Veganismus - und manche 14-jährige Mädchen haben eben das Niesgesetz. 



Freitag, 17. Januar 2014

Dinge die ich kann und die ich nicht kann

Ich kann nicht fliegen. Ich kann keinen Laserbeam abschießen. Ich kann nicht meine Zunge quer stellen. Ich kann nicht zaubern. Ich kann nicht an einem Seil hochklettern. Ich kann auch keinen Klimmzug machen. Ich kann keine Gedanken lesen. Ich kann nicht wissen, was deine Pläne sind, wenn du sie mir nicht sagst. Ich kann nicht ertragen wenn ich ignoriert werde, von jemandem, der mir wichtig ist. Ich kann nicht alles wissen. Ich kann nicht in die Zukunft sehen. Ich kann niemanden zwingen, mir zu sagen, was er wirklich denkt. Ich kann meinem Herz keine Befehle geben. Ich kann auch deinem Herzen keine Befehle geben. Ich kann keinem helfen, der sich nicht helfen lassen möchte. Ich kann nicht sehen, wer das hier wirklich liest. Ich kann nicht überall sein. Ich kann nicht unfehlbar sein. Ich kann nicht aufhören an dich zu denken. Ich kann keine Gitarre spielen. Ich kann nicht mehr wachsen - körperlich. Ich kann nicht aufgeben. Ich kann nicht das Wetter ändern. Ich kann auch nicht meinen Nachbarn verprügeln, weil er seit fast zwei Wochen jede Nacht seine Musik laut aufdreht.

Was ich aber kann: Ich kann Autofahren. Ich kann lesen. Ich kann schreiben. Ich kann denken. Ich kann fühlen. Ich kann dir zuhören. Ich kann dich verstehen. Ich kann mit dir reden. Ich kann mich auch zurück halten. Ich kann am Boden liegen und wieder aufstehen. Ich kann dich sehen. Ich kann da sein. Ich kann dich halten. Ich kann Fehler machen. Ich kann daraus lernen. Ich kann weitergehen. Ich kann kochen. Ich kann Kaugummi mit geschlossenem Mund kauen. Ich kann unter der Dusche singen. Ich kann tanzen. Ich kann lachen. Ich kann weinen. Ich kann den Fernseher abschalten, wenn nur Blödsinn läuft. Ich kann mich im Kreis drehen. Ich kann Fallschirm springen. Ich kann alleine sein. Ich kann aber auch mit vielen Freunden sein. Ich kann trinken. Ich kann rauchen. Ich kann es aber auch sein lassen. Ich kann laufen. Ich kann gehen. Ich kann spazieren. Ich kann rückwärts Zählen. Ich kann das ABC. Ich kann meinen Neffen und meine Nichte an der Hand halten. Ich kann lieben. Ich kann lehren. Ich kann auf sie aufpassen. Ich kann beschützen.

Was ich gerne können würde: fliegen, einen Laserbeam schießen können, wissen was du denkst, wissen woran ich bin, wissen was die Zukunft bringt, wissen ob ich gerade einen Fehler mache, wissen was nach dem Ende kommt, ein Seil hochklettern, wenigstens einen Klimmzug können, wieder mit dir reden, meinem Kopf sagen können: Hör auf zu denken.

Donnerstag, 9. Januar 2014

Diese Hormone...

Ich sage euch, eine Frau zu sein ist manchmal echt nicht einfach. Die Hormonschübe die man einmal im Monat erdulden muss, können mitunter echt komische Reaktionen hervorrufen. So sitzt man dann etwa vorm Fernseher und muss heulen, weil der kleine Roboterjunge von "AI - Künstliche Intelligenz" so herzzerreißend beim Fleischfest darauf besteht David - ein echter Junge - zu sein. "Ich bin David, ich bin David", brüllt er und ich möchte heulend zurück brüllen: "Ja, ich weiß. Komm zu Mama, David." Gott sei Dank lief nicht Armageddon, bei dem muss ich sowieso schon immer heulen.

Wenn dann zu den Hormonen auch noch Stress kommt, wie etwa das Examen, kann es auch passieren, dass ich anfange zu heulen, wenn bei Matrix Morpheus Neo vor den Agenten rettet oder Dumbledore Harry Potter erzählt, dass Nevilles Eltern in der Psychiatrischen-Anstalt leben. Für andere reicht dann aber auch schon der Anlass, dass sie nicht wissen in welchem Raum sie später Vorlesung haben. Ja, Hormone sind schon eine spannende Sache. Und man kann sich nicht dagegen wehren. Auch nicht, wenn der Schub dafür sorgt, dass auf einmal alle Männer um einen herum attraktiv aussehen und man selber ganz kribbelig wird. Bei mir immer kurz vorm Eisprung - fruchtbare Tage und so. Das einzige was hier hilft, um nicht gleich jeden Mann anzufallen, ist deine Freundin zu bitten, auf dich aufzupassen. Blöd nur, wenn gerade beide auf Hormonen sind.

Schlimm wird es, wenn man nicht genug Aufmerksamkeit bekommt, sei es von Freunden oder Verwandten oder auch dem Liebsten. "Sie hat mich heute nicht zurückgerufen, hat sie jetzt eine andere beste Freundin?" "Mein Kumpel will heute kein Bierchen mit mir trinken? Ist er von mir genervt?" Und wenn dann nicht mal der Papa einem antwortet, fühlt man sich wie der einsamste Mensch der Welt, den keiner mag. Ich hoffe dann immer, dass das mit den Hormonen schnell vorbei ist. Furchtbar sowas.

Montag, 6. Januar 2014

Fan-Tattos

Es gibt ja den ein oder anderen Fan, der sich die Liebe zu seinem Idol direkt auf den Leib schreiben lässt - auch wenn er dafür kurz leiden muss. Die eine lässt sich Michael Jacksons Gesicht auf den Oberarm tätowieren, der andere den Namen seiner Lieblingsband auf die Stirn, oder wiederum eine andere einmal alle wichtigen Schauspieler der Twilight-Saga auf den Rücken. Eine kleine und schöne Auswahl findet ihr hier.

http://www.pinar-viola.com/blog/2011/12/fan-tattoos/

Ob dies nun die besten, größten oder intelligentesten Fans sind ist die eine Frage. Die andere ist, wie sehen die Angehimmelten das? Wie würde ich es finden, wenn sich jemand mein Gesicht auf den Hintern nadeln lassen würde - wahrscheinlich gruselig.

Aber der Unterarm, der ist vollkommen Okay ;)



Dienstag, 31. Dezember 2013

Gute Vorsätze - für 'n Arsch

Weihnachten ist vorbei, die Bäuche sind noch prall gefüllt und schon steht die nächste Feierei an. Das Jahr geht zu Ende, der Kalender fängt von vorne an - nur die Jahreszahl ist eine neue. Viele werden panisch: "Oh Gott, was habe ich dieses Jahr geschafft? Das mache ich nächstes Jahr besser." Dann wird versprochen, dass man mehr Sport macht, gesünder ist, weniger trinkt, weniger raucht, dem Chef die Meinung geigt, sich dann einen neuen Job sucht und sowieso wird das ganze Leben neu umgekrempelt.

Warum nimmt man sich das nur an Silvester vor? Ist es das Gefühl, dieses Jahr doch noch etwas gerissen zu haben? Oder ist es das Gefühl, dass etwas altes zu Ende geht und etwas Neues anfängt - quasi Endzeitstimmung? Dabei fängt ständig eine neue Zeit an. Jeden Tag wenn die Sonne aufgeht, jede Stunde, wenn der kleine Zeiger sich eine Zahl weiter bewegt. Jede Minute, wenn der große Zeiger einmal rum ist. Wer wirklich will, kann sich alle zehn Minuten etwas vornehmen. Etwa kann man sich beim Drücken der Schlummertaste sagen: "So, jetzt nehm ich mir aber wirklich vor, beim nächsten Klingeln aufzustehen." Geht doch auch. Einen Vorsatz fassen an Silvester, ist wie an Valentinstag wie alle anderen Blumen und Pralinen für seine/seinen Liebsten kaufen zu gehen - für 'n Arsch.

Silvester ist auch nur ein Datum, ein von uns Menschen gemachtes. Wir haben den Tagen Namen gegeben, der Zeit eine Ablesehilfe, von der wir uns verrückt machen lassen. Wir haben die Zyklen erkannt und sie benannt. Wir treffen uns nicht mehr in zwei Monden, sondern in zwei Monaten. Im Grunde geht doch nur ein Jahr zu Ende, damit wir nicht bis unendlich zählen müssen. Wir haben heute Tag 735110 Kalenderwoche 105015 seit der ersten Zählung der Tage - sehr grob gesagt. Und dann könnte man nicht jedes Jahr Silvester feiern, oder sich zur Geburt des Heilands beschenken. Man könnte sogar nicht seinen eigenen Geburtstag feiern. Hmm...bzw, vielleicht müssten man sich selber ausrechnen, wann man wieder Geburtstag hat. Es würde aber definitiv keinen Freitag den 13. mehr geben und man müsste lange warten, um das perfekte Schnapszahl-Heiratsdatum zu erwischen. 

Wie man es nimmt, nur weil Silvester ist, muss man nicht Dinge versprechen, die man gar nicht einhalten will. Was ich mir aber vornehmen sollte wäre, dass ich mich einfach mal rechtzeitig auf den Weg zu einer Verabredung machen und nicht zehn Minuten vor Abfahrt noch ungeduscht und nackt vorm Rechner sitzen sollte - in diesem Sinne: Guten Rutsch ins neue Jahr, man sieht sich.

Donnerstag, 19. Dezember 2013

Gedankenaufschreibgerät

Früher habe ich mir immer so ein Gerät gewünscht, dass einfach meine Gedanken aufschreibt. Ach was rede ich da...sowas will ich immer noch. Ich bin nämlich manchmal schrecklich schreibfaul oder ich will meine Hände gerade für etwas anderes benutzen - ich meine jetzt Essen oder Super Mario spielen. Aber so ein Gerät, dem ich meine Gedanken schicken kann und es macht dann *tipp*tipp*tipp*, das wäre so super.

Jetzt zum Beispiel, eigentlich habe ich Hunger, aber gleichzeitig möchte ich auch gerade aufschreiben, was ich aufschreibe, aber das geht nicht, weil ich nicht gleichzeitig tippen und knuspern kann. Und wenn ich aufgeknuspert habe, dann ist mein Gedanke vielleicht weg oder schon verdaut, so dass ich ihn gar nicht mehr aufschreiben mag - rede ich murks? 

Und falls ihr denkt, dann nimm doch ein Diktiergerät, ne, manchmal habe ich auch keine Lust zu reden. Meine besten Gedanken habe ich meist an zwei Orten, auf der Toilette (und hier bin ich wirklich nicht in Plauderstimmung) und in meinem Bett kurz vorm Aufstehen, im Halbschlaf. Immer dann, wenn ich mit einem Bein noch in meiner Traumwelt hänge. Ich formuliere Texte oder Geschichten, die hier leider nie ankommen. Dann müsste ich ja aufstehen, meinen Rechner anmachen, ein Dokument öffnen und dann auch noch schreiben. Dann bin ich ja wach und die Stimmung ist vorbei. Ich könnte auch mein intelligentes Handy nehmen und dort ein wenig rumtippen, aber selbst das wäre mir zu anstrengend. 

Außerdem klingen manche Gedanken komisch, wenn man sie ausspricht, besonders wenn sie noch nicht richtig ausformuliert sind. Im Kopf lässt sich da viel besser rumschrauben. Die These steht in der Mitte und es werden hier und da ein paar Wörter ausgetauscht, ein Satz weggestrichen oder hinzugefügt, wenn ich das alles aussprechen würde, was ich denke, würde ich den ganzen Tag nicht aus dem Bett kommen. Deshalb formuliere ich im Gedanken Bücher, nehme mir vor, das gleich alles aufzuschreiben. Und wenn ich dann aufstehe, lasse ich meine Gedanken liegen, nehme sie doch nicht mit. Die sind dann empört und verkriechen sich unter der Decke.

Was sich da für Geschichten in meinem Bett rumtreiben - mindestens genauso viele, wie es Milben in meiner Matratze gibt, wobei die Geschichten spannender sind. Vielleicht liege ich ja auch deshalb so gerne in meinem Bett - nicht wegen der Milben - weil überall so viele gute Ideen rumliegen, die weitergedacht werden oder verändert oder doch verworfen werden könnten. Und weil ich es dann dabei so kuschelig warm habe, eventuell. In diesen Momenten, wäre ein Gedankenaufschreibgerät echt praktisch.