Donnerstag, 27. Juni 2013

Alt klingt nach Tod

"Wir hätten ein Anliegen", sagt die alte Frau zur Kellnerin: "Könnten wir zwei kleine Messer bekommen, bitte?" Wie höflich. Die Kellnerin bringt der Dame und ihrer ebenso alten Freundin die Messer. Vor ihnen stehen Teller mit Fleisch und Kartoffeln. Es ist ja auch schon Mittagessenzeit - zumindest für Senioren: 11:45 Uhr.

Mit tattrigen Fingern und einem leichten zittern in der Stimme, plaudern die beiden über Nachbarn und Bekannte. Ich kann nicht so gut mit alten Menschen. Klar, es gibt den süßen Opa, der sagt: "Hach, wenn ich doch nur ein wenig jünger wäre." Und die Omi, die immer einen frechen Spruch parat hat und mehr saufen kann, als der Enkel. Wenn ich aber Frauen mit kurzen, grauen Kringellocken sehe, mir ein alter Mann, langsam mit seinem Rollator, entgegen kommt oder es nicht schafft, die Rolltreppe zu betreten - dann werde ich mir stets meiner eigenen Zerbrechlichkeit bewusst. Wir werden alle sterben. Auf die eine oder andere Weise. Wir werden alt werden, unser Körper baut ab, zerfällt, schrumpft und irgendwann werden wir zu Staub. Und es gibt keinen Ausweg. Außer man schmeißt sich vorher von der Brücke - dann geht alles etwas schneller.

Ich will nicht zerfallen, ich will nicht die Kontrolle über meine Blase verlieren, will nicht darauf warten, dass jemand kommt, um mir den Hintern abzuwischen. Das habe ich überwunden, ich kann das schon alleine. Ich mag meine Selbstständigkeit. Es gibt für mich keine schlimmere Vorstellung, als die, bettlägerig zu sein. Nur dazuliegen und auf den Tod zu warten, gefangen in seinen Gedanken, unfähig sich zu bewegen, weil der Körper nicht mehr will - wie ein Alptraum, aus dem man nicht mehr erwacht, wie lebendig begraben.

Das einzige, von dem ich zehren könnte, wären meine Erinnerungen. Deshalb versuche ich, möglichst viele Gute zu sammeln, etwas zu Wagen, neues kennenzulernen, in der Hoffnung, ich kann später daliegen - während ein junger Samariter meinen Hintern wäscht - und mir selber immer wieder sagen: "Ich habe nichts verpasst, mein Leben gelebt. Ich bin hier fertig. Es ist Okay, wenn ich jetzt gehe."

Deshalb ist auch dieser Spruch mein Motto: "Life should NOT be a journey to the grave, with the intention of arriving safely in an attractive and well preserved body, but rather to skid in sideways, chocolate and cigarette in one hand, vodka in the other, body thoroughly used up, totally worn out and screaming WOO HOO what a ride!!!"


2 Kommentare:

  1. "...chocolate and cigarette in one hand, vodka in the other, body thoroughly used up..." Dein Motto erhöht die Chance auf: "...dass jemand kommt, um mir den Hintern abzuwischen."

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  2. Das mag sein, wird auch ohne diese Motto wohl so sein. So muss ich mich aber nicht ärgern, dass ich wenigstens alles ausgekostet habe ;)

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